Was ist Solidarische Landwirtschaft?
Bei Solidarischer Landwirtschaft werden die Lebensmittel nicht mehr über den Markt vertrieben, sondern fließen in einen eigenen, durchschaubaren Wirtschaftskreislauf, der von den Verbraucher*innen mit organisiert und finanziert wird.
Solidarische Landwirtschaft fördert und erhält eine bäuerliche und vielfältige Landwirtschaft, stellt regionale Lebensmittel zur Verfügung und ermöglicht Menschen einen neuen Erfahrungs- und Bildungsraum.
Menschen, die in der Landwirtschaft arbeiten, haben meist nur die Wahl entweder die Natur oder sich selbst auszubeuten. Ihre Existenz hängt von Subventionen und Markt- bzw. Weltmarktpreisen ab. Beide sind Faktoren, auf die sie keinen Einfluss haben und die sie häufig zwingen, über ihre persönliche Belastungsgrenze sowie die von Boden und Tieren zu gehen, oder ganz aus der Landwirtschaft auszusteigen. Auch der ökologische Landbau ist von diesem Mechanismus nicht ausgenommen.
Solidarische Landwirtschaft ist eine innovative Strategie für eine lebendige, verantwortungsvolle Landwirtschaft, die gleichzeitig die Existenz der Menschen, die dort arbeiten, sicherstellt und einen essenziellen Beitrag zu einer nachhaltigen Entwicklung leistet.
Die ganze Landwirtschaft – nicht das einzelne Lebensmittel – wird finanziert
Konkret handelt es sich dabei um einen Zusammenschluss von landwirtschaftlichen Betrieben oder Gärtnereien mit einer Gruppe privater Haushalte.
Erzeuger*innen und Verbraucher*innen bilden eine Wirtschaftsgemeinschaft, welche auf die Bedürfnisse der Menschen abgestimmt ist und die natürliche Mitwelt berücksichtigt.
Auf Grundlage der geschätzten Jahreskosten der landwirtschaftlichen Erzeugung verpflichtet sich diese Gruppe, jährlich im Voraus einen festgesetzten (meist monatlichen) Betrag an den Solawi-Betrieb zu zahlen.
Hierdurch wird dem*der Erzeuger*in ermöglicht, sich unabhängig von Marktzwängen einer guten landwirtschaftlichen Praxis zu widmen, den Boden fruchtbar zu erhalten und bedürfnisorientiert zu wirtschaften.
Die Abnehmenden erhalten im Gegenzug die gesamte Ernte sowie weiterverarbeitete Erzeugnisse wie Brot, Käse etc. – sofern der Solawi-Betrieb diese herstellt. Der persönliche Bezug macht die gegenseitige Verantwortung bewusst. Die Verbraucher*innen erleben, wie ihre Ernährungsentscheidung die Kulturlandschaft gestaltet, soziales Miteinander, Naturschutz und (Arten-)Vielfalt ermöglicht und so eine zukunftsfähige Landwirtschaft stattfinden kann.
Wesentlich ist also, dass eine Gruppe die Abnahme der Erzeugnisse garantiert und die Ernte bzw. alles, was notwendig ist, um diese zu erzeugen, vorfinanziert. Alle teilen sich die damit verbundene Verantwortung, das Risiko, die Kosten und die Ernte.
In einer Solidarischen Landwirtschaft können alle Beteiligten von dieser Beziehung profitieren:
Die Verbraucher*innen…
- erhalten gute Qualität: frische, vielfältige, saisonale, und regionale Nahrungsmittel
- gewinnen Transparenz: sie wissen, wo und wie die Nahrungsmittel angebaut werden, wer sie anbaut und zu welchen Kosten dies geschieht
- fördern regionale Nachhaltigkeit: Aufbau ökonomischer Strukturen, durch die eine lebendige lokale Landwirtschaft gestärkt wird
- bekommen Zugang zu Erfahrungsräumen und Bildung: die Möglichkeit, sich Wissen über den Anbau und die Herstellung von Lebensmitteln und über die Pflege der Erde zu erwerben
Die Erzeuger*innen…
- erhalten Planungssicherheit und die Möglichkeit der Unterstützung durch eine Gemeinschaft
- teilen das Risiko, das die landwirtschaftliche Produktion mit sich bringt (z.B. schlechte Ernte auf Grund von Witterungsbedingungen)
- erhalten ein gesichertes Einkommen und somit die Möglichkeit, sich einer gesunden Form der Landwirtschaft zu widmen
- erhalten einen größeren Gestaltungsspielraum für ihre Arbeit: z.B. die Anwendung von einer guten landwirtschaftlichen Praxis, die unter marktwirtschaftlichen Sachzwängen nicht immer möglich ist; experimentelle Anbauformen, Förderung der Bodenfruchtbarkeit, Tiergerechtere Haltung, Anbau samenfester Sorten
- gewinnen mehr Freude an der Arbeit, da sie wissen, für wen sie die Lebensmittel anbauen
- erleben mehr Mitbestimmungsmöglichkeit ihres Arbeitsalltags: Arbeitsstrukturen, die mehr Freizeit, Urlaub ermöglichen, als sonst in dieser Branche üblich ist.
Der Solawi-Betrieb …
- ist geschützt vor Veränderungen des Marktes
- kann Produkte verwerten, die normalerweise auf Grund von Marktnormen im Müll landen würden. Durch Solawi wird bei den Verbraucher*innen ein entsprechendes Bewusstsein geschaffen und somit werden weitaus weniger Lebensmittel weggeworfen
- kann eine größere Vielfalt (z.B. seltene Gemüsesorten, bedrohte Haustierrassen) anbieten
Die Region …
- kann durch die Vielfalt in der Landwirtschaft ein Ort mit höherer Lebensqualität werden
- weitere Projekte können durch das Zusammentreffen der vielfältigen Fähigkeiten der Verbraucher*innen entstehen (z.B. Tauschringe, Nachbarschaftscafés, Einmachtreffen usw…)
- erfährt einen ökonomischen Impuls, da die Wertschöpfung zunehmend in der Region bleibt
Quelle: https://www.solidarische-landwirtschaft.org/das-konzept/
Wieviel kostet ein Solawi-Anteil?
Es gibt bei uns keinen festen Betrag für einen Anteil. Die Grundidee ist, dass von allen Mitgliedern zusammen die nötige Summe für das Erntejahr zusammenkommt. Aus den Gesamtkosten und der Anzahl der Anteile ergibt sich zwar ein durchchnittlicher Beitrag/Monat, der individuelle Betrag wird aber in einer Bietrunde zum Saisonbeginn bestimmt, bei der jeder Anteil (orientiert am Durchschnittswert) anonym den leistbaren Betrag bietet. Dann werden alle Anteile addiert und geschaut, ob damit alle im Finanzplan vorgesehenen Kosten gedeckt sind. Diese Vorgehensweise soll möglich machen, dass alle nach eigenen Möglichkeiten und individuellen Gegebenheiten bei der Solawi mitmachen können. Wenn in einer Bietrunde die nötige Summe nicht erreicht wird, wird entweder die Bietrunde wiederholt – damit die Anteile ggf. das Gebot erhöhen können – oder man kann auch gemeinsam den Finanzplan überdenken und anpassen.